Montag, 25. Februar 2013

Anrüchiges


Das muss einmal gesagt werden: Inder sind Erfinder. Ein hervorragendes Beispiel dafür sind die (etwas besseren) Toiletten. Keine Angst, es geht hier nur um Hygienetechnik. Vor meinem Reiseantritt wurde ich von Reiseführern und Kollegen gewarnt: "Indien kennt kein Toilettenpapier". Im Prinzip richtig, aber in guten Hotels und auch in meiner jugendherbergsähnlichen Behausung fanden sich die weißen Rollen, die ein Grundpfeiler westlicher Hygiene sind (und es zu großer Beliebtheit als Wurfgeschosse von Fußballfans gebracht haben). Und woanders? Hier kommt der Erfindungsreichtum der Inder zur Geltung. Vermutlich hat jemand vor Jahren Frankreich besucht und begeistert die Einrichtung des Bidets entdeckt. Leider fehlte im heimischen Badezimmer in Dehli der Platz - und hier tritt der Erfinder auf den Plan: Ein kleine Wasserleitung mit eigenem Absperrhahn führt zum oberen Rand der Toilette (auf dem Foto gut zu erkennen). Nun muss man nur am Ende der Sitzung den Wasserhahn öffnen und schon erlebt man den Bidet-Effekt. Im Vergleich zur westlichen Papierkultur kann man ohne Zögern auf Hakle-feucht verzichten.

Leider fehlen in den Waschräumen jegliche Trocknungsmöglichkeiten für die Hände, seien es Papierhandtücher oder Heißluft. Da benutzt der Mitteleuropäer die Jeans oder seine importierten Papiertaschentücher. Mir wurde das ökologisch erklärt: weniger Papier, mehr Bäume; weniger Strom, weniger Stromausfälle. Letzteres kann ich nicht beurteilen, mindestens einmal am Tag gibt es jedoch auch ohne elektrische Handtrockner einen kurzen Blackout. Die Rechner und wichtigen Instrumente sind mit langen Reihen von (Auto-?)Batterien gesichert.  Strom gebe es jedoch in Himachal Pradesh wegen der Wasserkraft genug.

Der äußerst dürftige Baumbestand auf den Bergen hat weniger mit der Papierindustrie als mit der der Brennholz-beschaffung durch die arme Bevölkerung zu tun. Wie soll man sonst den Winter, um 0°, überstehen? Noch ein Wort zu den Ärmsten der Armen: die haben haben überhaupt keine Toiletten, jedenfalls kann man das vermuten wenn man die Bilder sieht. Das kleine provisorische Zeltlager am Ufer des Beas ist nicht der einzige Slum. Für sie ist ein festes Dach über dem Kopf sicher wichtiger als die Luxusprobleme der Westler. Ich werde sicher noch mal über die Slums in Mandi, von denen ich bereits einige aus der Entfernung gesehen habe, berichten.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen