Samstag, 30. März 2013

Zu Besuch beim Dalai Lama




Die erwartete traurige Nachricht aus Berlin hat mich jetzt erreicht. Noch vor wenigen Wochen hat Inge meine kleinen Berichte aus Indien mit Interesse verfolgt. Es ist deshalb ganz sicher in ihrem Sinne, wenn ich den Blog fortsetzte.


Die vergangene Woche war in Indien geprägt von zwei Feiertagen, Holi und Good Friday, also Karfreitag. Das zu Ehren von Khrishna und Kama gefeierte hinduistische Holi-Fest ist ausgelassen und bunt im wahrsten Sinne des Wortes: man wird mit Pulverfarbe beworfen, oft rot, keiner nimmt etwas übel. Und wenn man gerade seinen besten Anzug anhat, nimmt man im Allgemeinen darauf Rücksicht. Hier im Bundesstaat Himachal Pradesh wird am Tag vor dem eigentlichen hinduistischen Fest gefärbt, im übrigen Indien einen Tag später.

Der Donnerstag wird meist als Brückentag genutzt, so dass viele Inder die zweite Wochenhälfte nutzen, um ihre Familien zubesuchen. Man darf sich indische Feiertage aber nicht so vorstellen, wie in Deutschland etwa Ostermontag, wo das Ladenöffungs- und schließgesetz erbarmungslos zuschlägt, mal abgesehen von den Brötchen von 7 bis 9 beim Bäcker um die Ecke. Hier fällt es kaum auf, dass Feiertag ist. Viele Menschen arbeiten wie an Werktagen, ob es die vielen kleinen Ladenbesitzer sind oder die Beton auf dem Kopf schleppenden Bauarbeiter (Nicht zu verwechseln mit der Betonfraktion, die man noch gelegentlich in Berlin und im Umland findet).



Mein Ziel war gemeinsam mit Freunden Dharamsala, seit 1959/60 Sitz der tibetanischen Exilregierung und des Dalai Lama, der seit ein paar Jahren nur noch religiöses Oberhaupt der tibetanischen Budddhisten ist. Die Musik spielt aber in McLeod Ganj, einem angeblich stillen, kleinen Ort, auf knapp 1800 m, etwa 600 m oberhalb von Dhramsala gelegen. Den erreicht man am Besten auf einem steilen Pfad  zu Fuß. Wir sind aber, wie buchstäblich tausende Touristen, mit unserem gemieteten Wagen (einschließlich Fahrer versteht sich) auf der ähnlich steilen, ca. 3,50 breiten Straße gefahren. Da heißt es gute Nerven zu haben. Man steht manchmal eine Viertelstunde lang, weil zwei Fahrzeuge im Gegenverkehr partout nicht aneinander vorbei passen. Da heißt es dann rückwärts setzen, Maß nehmen, noch einmal versuchen. Ich habe nur einmal erlebt, dass ein Fahrer die Nerven verlor, als ein anderes Fahrzeug sein eigenes heftig anrempelte. Das Ganze endete mit einer blutigen Nase. Wie gesagt, eine Seltenheit, da die Fahrer Extremsituationen kennen . Auch in die Fußgängerzone von McLeod Ganj ist von Autos verstopft. Nein, eigentlich gibt es gar keine Fußgängerzone. Da die Straßen hier gerade mal 2,50 m breit, gut
betoniert und links und rechts mit Geschäften mit meist tibetanischen Waren gepflastert sind, handelt es sich zumindest offiziell um Einbahnstraßen. Die Polizei steht hilflos daneben und bläst gelegentlich  die Trillerpfeife. 

Unser angenehmes Hotel Pema Thang (Lotosfeld) liegt glücklicherweise in einer verkehrberuhigten Zone - ja, das gibt es auch - mit herrlichem Blick auf die offiziellen Gebäude der Tibeter und auf das Tal. Die Gäste hier sind zahlungskräftig, sprechen Deutsch oder amerikanisches Englisch, lesen Lifestyle-Magazine und machen vor dem Fernseher Yoga. Dafür wird ein eigenes Programm ausgestrahlt. Viele sieht man bei der buddhistischen Gebetszeremonie im zentralen Tempel wieder. Dort finden sich natürlich in erster Linie Exil-Tibeter ein - etwa 30000 wohnen in Dharamsala/McLeod - ,
auch angereiste und lokal ansässige buddhistische Mönche. Die Zeremonie ist für Mitteleuropäer so eindrucksvoll wie eintönig. Das gesamte, nicht eben dünne Gebetbuch wird ohne Höhen und Tiefen rezitiert - Ommmh. Der abschließende Tanz grimmiger Gestalten mag für die Touristen gedacht sein. Es handelt sich aber nicht um zu vertreibende Dämonen sondern um ihre Macht demonstrierende Götter, Am Ende lacht uns noch der Dalai Lama persönlich an, leider nur von einem Buchtitel. Im Buchladen lernen wir einen jungen Tibeter kennen, der aus Tibet über das Hochgebirge geflohen ist. Es seinen nicht Lebensstandard oder materielle Perspektivlosigkeit, die ihn veranlasst hätten, sein Land zu verlassen, vielmehr die für ihn unerträgliche Unterdrückung seiner Nation. Die Situation Tibets ist hier ein großes Thema, kein Wunder. Auch wenn ich selbst mit dem Nationalismus wenig anfangen und ich die Jahrhunderte alten Konflikte um Tibet nicht eindeutig bewerten kann, wie das die Exil-Tibeter machen, eines steht fest: Die Unterdrückung der tibtischen Kultur durch das offizielle China ist ein Skandal.  Von der Kultur zeugen viele schöne, wenn auch nicht immer originale Kunstgegenstände, die in den Geschäften von McLeod Ganj, bessonders rund um den Tempel, angeboten werden.


Meine Freunde fuhren weiter nach Katra in Kaschmir, um dort einen der bedeutensten Tempel des Hinduismus, Vaishno Devi, zu besuchen. Er liegt auf einem Berg, den man in einem 10 km Marsch mit einer Höhendifferenz von etwa 800 m erklimmen muss, es sei den man nimmt den Helikopter. Der Marsch erschien mir  doch zu anstrengend, und so bin ich auf eigene Faust per Bahn und Bus zurück nach Mandi gereist. Darüber im folgenden Blog.

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